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Alleinerziehend – Mamasein nach der Tragödie

Ich werde niemals den Tag vergessen, den ich später als meinen letzten »normalen« Tag als Ehefrau und Mutter ansehen würde. Plötzlich war ich alleinerziehend. Zu jenem Zeitpunkt waren unsere Kinder sieben und fünf Jahre alt und ich befand mich in der neunten Schwangerschaftswoche mit unserem dritten Kind. Was sollte ich nur machen?
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Alleinerziehend – Mamasein nach der Tragödie
Lesezeit: 15 Minuten

Als ich am 7. Juni 1986 vor dem Traualtar stand, hoffte ich auf eine lange und glückliche Ehe. Ich hatte sogar ein Drehbuch vor Augen, wie mein Leben auflaufen würde. Jeff und ich würden eine Zeitlang unsere Zweisamkeit genießen und dann Kinder bekommen, vier an der Zahl, in einem Abstand von jeweils zwei Jahren. Unsere gesamte Familie würde sich in unserer Ortsgemeinde einbringen und natürlich würden wir in unsere heranwachsenden Kinder hineinlegen, den Herrn zu lieben und ihm zu dienen.

Sobald unsere Kinder erwachsen wären, würden Jeff und ich Reisen unternehmen und die Zeit mit unseren Enkelkindern genießen. Natürlich würden wir im Lauf der Zeit auch auf ein gewisses Maß an Herausforderungen treffen. Es erübrigt sich zu sagen, dass in meinem Drehbuch nichts davon zu lesen war, dass ich nach nur acht Ehejahren Witwe würde und mich als alleinerziehende Mutter durchs Leben schlagen müsste.

Mein letzter Tag als Ehefrau

Ich werde niemals den Tag vergessen, den ich später als meinen letzten »normalen« Tag als Ehefrau und Mutter ansehen würde. Es war Sonntag, der 2. Oktober 1994, ein schöner Herbsttag an der Küste Kaliforniens. Jeff, unsere beiden Kinder und ich genossen einen wunderschönen Tag in der Gemeinde. Der krönende Abschluss war eine Abendmahlsfeier während des Abendgottesdienstes.

Am folgenden Abend veränderte sich mein Leben schlagartig und ein für alle Mal. Das Telefon klingelte und einer der Ältesten fragte nach Jeff. Ich dachte mir nicht viel bei dem Anruf. Immerhin war Jeff Diakon in der Gemeinde. Ich nahm an, dass dieser Älteste einfach ein paar Gemeindeangelegenheiten mit ihm durchsprechen wollte. Nie wäre mir in den Sinn gekommen, dass dieser Telefonanruf unser Leben so drastisch verändern würde.

Jeff verließ das Haus, um sich mit dem Ältesten zu treffen. Als er zurückkam, teilte er mir etwas mit, was mich in Schockstarre versetzte. Ein Mädchen aus der Gemeinde hatte ihn beschuldigt, sie belästigt zu haben. Ein paar Tage später gab mein Mann zu, dass er sich schwerwiegende sexuelle Vergehen hatte zuschulden kommen lassen. Eine Woche darauf nahm er sich das Leben.

Aufgrund der Umstände und Art seiner Sünde musste ich damit rechnen, in zivil- und strafrechtliche Gerichtsverfahren hineingezogen zu werden. Zudem bestand die Möglichkeit, dass man mir meine Kinder wegnehmen würde. Zu jenem Zeitpunkt waren unsere Kinder sieben und fünf Jahre alt und ich befand mich in der neunten Schwangerschaftswoche mit unserem dritten Kind. Was sollte ich nur machen?

Souveränität und Gehorsam

Ich bin so dankbar, dass in dem Jahr vor Jeffs Tod mir der Herr durch sein Wort viel darüber beigebracht hatte, was es bedeutet, seiner Souveränität zu vertrauen und ihm gegenüber im täglichen Gehorsam zu wandeln. Ich lernte, dass diese eigentlich recht einfach zu verstehenden Wahrheiten nicht immer leicht auszuleben sind. Zu lernen, alles anzunehmen und willkommen zu heißen, was Gott uns zumutet – insbesondere wenn es einem das Herz bricht –, fällt nie leicht.

Witwe und alleinerziehende Mutter

Als Gott mich aufforderte, die Aufgabe einer Witwe und alleinerziehenden Mutter anzunehmen, musste ich eine Entscheidung treffen inmitten meiner Verwirrung, meiner Überforderung und mit einem gebrochenen Herzen. Ich musste entscheiden, ob ich Gottes souveränem Plan vertrauen würde in dem Wissen, dass seine Weisheit und Liebe vollkommen sind oder ob ich mich auf meinen eigenen Verstand verlassen wollte.

Obwohl das, was geschehen war, nach menschlichem Ermessen überhaupt keinen Sinn ergab, entschied ich mich bewusst dazu, meine Seele wie einen Anker an der Wahrheit von Gottes Wort festzumachen. Es gab mehrere Verse, die mir während dieser Zeit besonders viel bedeuteten. Der folgende Abschnitt gehört dazu:

Was wollen wir nun hierzu sagen? Ist Gott für uns, wer kann gegen uns sein? Er, der sogar seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns alle dahingegeben hat, wie sollte er uns mit ihm nicht auch alles schenken? […] Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermag von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn. (Röm 8,31–32.38–39)

Gott erwies mir seine Liebe eindeutig dadurch, dass er seinen Sohn gab, um für meine Sünden zu sterben. Keine Lebensprüfung konnte mich von seiner Liebe trennen. Als ich über diese Art von aufopfernder Liebe gründlich nachdachte, wusste ich, dass ich meinem himmlischen Vater vertrauen konnte. Aufgrund seiner Gnade entschloss ich mich bewusst dazu, das anzunehmen, was er mir auferlegt hatte. Doch das, was als einfache Hingabe begann, wurde zu einer meiner schwierigsten Herausforderungen.

Verwüstet, aber nicht zerstört

Es war unser Gemeindehirte, der meinen Mann tot auffand und die traurige Aufgabe hatte, mich davon in Kenntnis zu setzen. Die Nachricht, dass mein Mann tot war, erschütterte mich bis ins Innerste. Ich wollte nicht ins Haus zurückgehen, weil es mit so vielen Erinnerungen verbunden war. Nur wenige Tage zuvor hatten Jeff und ich herausgefunden, dass ich Rebekah, unser drittes Kind, erwartete. Alle möglichen Gedanken schossen mir durch den Kopf.

Wie konnten sich die Dinge in nur wenigen Tagen so drastisch ändern? Wie würde ich es den Kindern beibringen? Würde ich wegen meiner Trauer womöglich das Kind verlieren, das ich in meinem Leib trug? Ich war nicht berufstätig. Wie würde ich unseren Lebensunterhalt bestreiten können? Konnte ich erwarten, Jeffs Lebensversicherung ausbezahlt zu bekommen? Wie sollte ich seine Beerdigung planen?

Hoffnungslos, verraten und verlassen

Eine schreckliche Leere machte sich in meinem Herzen breit. Der Verlust meines Mannes verursachte einen solchen Schmerz, dass ich nicht glaubte, durchhalten zu können. Das griechische Wort für »Witwe« bedeutet »Unzulänglichkeit, ein verlassener und leerer Ort der Verwüstung.« Das ist eine zutreffende Beschreibung, denn genauso fühlte ich mich auch. Ohne meinen Mann schien das Leben hoffnungslos zu sein.

Da Jeffs Selbstmord das Resultat moralischer Verfehlung war, fühlte ich mich zudem verraten, verlassen und im Stich gelassen. Alle meine Freude und körperliche Kraft waren weg. Würde ich jemals wieder lächeln oder gar lachen können? Ich hatte kein Verlangen danach, auch nur die einfachsten Aufgaben wie Kochen oder Saubermachen zu bewerkstelligen. Mir war nur danach zumute, mich zurückziehen und ich begann, mich mit anderen zu vergleichen.

Der Vergleich zog mich nur noch in eine tiefere Verzweiflung hinein. Dann wurde ich von allen möglichen Fragen gequält. Warum ist das geschehen? Was hätte ich anders machen sollen, um es zu verhindern? Wenn ich doch nur gewusst hätte …

Was sollte ich tun?

Die Wirklichkeit holte mich mit voller Wucht ein und ich sah der Tatsache ins Auge, dass ich nun drei Kinder allein erziehen musste. Wie würde ich diese Schwangerschaft bis zum Ende überstehen? Wie würde ich in der Lage sein, meine Kinder zu leiten, zu beschützen und zu versorgen, während ich mich um das Haus und um ihre täglichen Bedürfnisse kümmern musste? Unter anderem würde ich Mahlzeiten zubereiten, die Rechnungen bezahlen, das Haus saubermachen, Entscheidungen treffen, die geistliche Leitung übernehmen und die Kinder erziehen müssen. Der bloße Gedanke an diese ellenlange Aufgabenliste genügte, um mich depressiv zu machen. (Carol Trahan hat zu diesem Thema das Buch »Ich bin depressiv« geschrieben)

»Gott kennt meinen Namen«

Als ich über diese Anliegen gründlich nachdachte, brachte der Geist Gottes sein kostbares Wort in meinem ängstlichen Herzen zur Geltung.

Hebt eure Augen auf zur Höhe und seht: Wer hat diese erschaffen? Er, der ihr Heer abgezählt herausführt, er ruft sie alle mit Namen. So groß ist seine Macht und so stark ist er, dass nicht eines vermisst wird […] Weißt du es denn nicht, hast du es denn nicht gehört? Der ewige Gott, der Herr, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt; sein Verstand ist unerschöpflich! Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden.
(Jes 40,26.28–29)

Die Fragen quälten mich nun nicht mehr. Der Gott, der durch sein Wort dieses Universum erschafften hat, der durch sein gewaltiges Wort alles zusammenhält und in dem alles besteht, war vollkommen in der Lage, für mich und meine Kinder zu sorgen.

Als Lehrerin habe ich meinen Schülern oft erklärt, dass wir in der der Milchstraße leben, und dass diese Galaxie aus schätzungsweise 100 Milliarden Sternen besteht. Die Milchstraße selbst ist nur eine von Milliarden von Galaxien, von denen jede einzelne wiederum Milliarden von Sternen enthält, und doch »ruft Gott sie alle mit Namen« (Ps 147,4).

Trotz seiner unendlichen Majestät geht Gott persönlich auf seine Kinder ein. Was sagt uns die Schrift?

  • Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt […] (Jer 31,3a)
  • Denn ich weiß, was für Gedanken ich über euch habe, spricht der Herr, Gedanken des Friedens und nicht des Unheils, um euch eine Zukunft und eine Hoffnung zu geben. (Jer 29,11)
  • Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. (1Pet 5,7)

Als ich über diese Wahrheiten nachdachte, veränderte das mein Herz. Die Ängstlichkeit verflog und ich wurde ruhig. Obwohl mein Leben verwüstet war, war es dennoch nicht zerstört. Die Situation, dass ich mit einem Schlag Witwe und alleinerziehende Mutter war, war überwältigend groß – zumindest aus menschlicher Sicht. Doch Gott war und ist unendlich größer. Im Bewusstsein dieser Wahrheit war ich in der Lage, voranzugehen.

Die Riesen bezwingen

Ich musste meinen Kindern sagen, dass ihr Papa nicht mehr da war. Ich betete um Kraft und bat den Herrn, mir die richtigen Worte zu schenken. Der siebenjährigen Sarah fiel es am schwersten mit der Nachricht umzugehen. Caleb war fünf und begriff noch nicht völlig, was passierte, und Rebekah würde natürlich erst in ungefähr sechs Monaten zur Welt kommen.

Meine Eltern und Schwiegereltern halfen mir bei allen Vorbereitungen der Beerdigung. Als wir die Einzelheiten der Trauerfeier planten, schenkte Gott aus seiner Gnade die Kraft für jeden neuen Schritt. Mein Wunsch war es, dass Gott durch die klare Verkündigung des Evangeliums während der Trauerfeier verherrlich würde, sodass alle die Hoffnung finden konnten, die sich nur dann einstellt, wenn man Jesus Christus als Retter und Herrn kennt.

Danach kamen die nächsten »Riesen«, die es zu bezwingen galt: Die Finanzen und die Schwangerschaft. Unlängst hatte ich meine Arbeitsstelle aufgegeben, damit ich die Kinder zuhause unterrichten konnte. Jeff hatte beabsichtigt, mich bei ihm mitzuversichern, doch das war nun nicht mehr möglich. Ich wusste, dass Gott mich irgendwie versorgen würde und bald schon zeigte er mir wie.

Gottes Fürsorge

Ein Mann besuchte uns eines Tages zuhause und er brachte einige andere Besucher mit, um uns Trost zu spenden. Er fragte mich, wie viel Geld ich auf dem Bankkonto hatte. Ich sagte ihm, dass es ein paar Hundert Dollar seien. Er überreichte mir einen Scheck über $5.000. Später fand ich einen weiteren Scheck über $2.200 in der Kondolenzkarte des ehemaligen Arbeitgebers meines Mannes.

Auch mein ehemaliger Arbeitgeber gab mir einen Scheck über mehrere Hundert Dollar und bot mir an, dass ich meine alte Arbeitsstelle wieder haben könne, sobald ich nach einer angemessenen Trauerzeit wieder in der Verfassung dazu war. Ich brauchte nur jeweils nachmittags drei Stunden zu arbeiten. Diese Vereinbarung erlaubte mir, meine Kinder morgens zuhause zu unterrichten. Mein Arbeitgeber sorgte zudem für vollen Krankenversicherungsschutz, womit die Kosten meiner Schwangerschaft und Entbindung voll abgedeckt waren.

Dann erfuhr ich, dass ich tatsächlich auf einen Teil von Jeffs Lebensversicherungssumme Anspruch hatte. Ich war total baff. Gott hatte weit über die Maßen mehr getan als ich erbitten oder verstehen konnte (Eph 3,20).

Wahrheit statt Gefühle

Sechseinhalb Monate später brachte ich ein wunderschönes, gesundes, kleines Mädchen zur Welt. Als ich daran dachte, was vor uns lag, fühlte ich mich erneut überfordert. Mir schwante nichts Gutes, nun vor die Aufgabe gestellt zu sein, drei Kinder ohne ihren Vater großzuziehen. Wie würde ich ihnen nur einmal beibringen können, was mit ihrem Vater passiert war, wenn sie alt genug waren, es zu verstehen? Wie konnte ich ihnen nur zu verstehen geben, dass Gott Liebe ist und nur Gutes tut, wenngleich sie Besudelung und Verlassenheit erfahren haben? Wie konnten sie lernen, was es heißt, zu vergeben?

Erneut musste ich meinem Herz den guten Rat der Wahrheit, anstatt den schlechten Rat der Gefühle zukommen lassen. Allzu oft hören wir auf unser Herz – eine Angewohnheit, die lebensgefährlich ist. Mir wurde klar, dass ich meinen Kindern einfach Gottes Wahrheit aus seinem Wort nahebringen und aus seiner Gnade leben und darauf vertrauen musste, dass er in ihren Herzen wirkt. Ich wusste zwar nicht, was die Zukunft bringen würde, doch Gott wusste es und ich konnte in dieser Gewissheit ruhen.

Wenn mir jemand an meinem Hochzeitstag gesagt hätte, was acht Jahre später passieren würde, hätte ich wohl ohne zu Zögern »Nein danke!« gesagt. Doch in seiner unendlichen Weisheit hat Gott mir keinen Fünfjahresplan gegeben. Er erwartet von mir, dass ich jeden Augenblick in hilfloser Abhängigkeit von ihm lebe. Ich darf diese Reise als kostbares Vorrecht und Gelegenheit betrachten.

Mit den Augen des Glaubens sehen

Vielleicht hat schon einmal jemand zu dir gesagt: »Wenn Gott wirklich gut und liebevoll ist [und das ist er], warum würde er eine solche Tragödie in deinem Leben zulassen?« Vielleicht stellst du dir gerade selbst diese Frage. Da Gott souverän ist (d. h., er ist der absolute Herrscher und hat alles unter seiner Kontrolle), hätte er nicht diese Schwierigkeit in deinem Leben – dass du nun deine Kinder alleinerziehen musst – verhindern können? Würdest du jemandem, den du liebst, solche schwierigen Umstände und solches Leid zumuten? Du denkst vielleicht: »So würde ich keinen behandeln, den ich liebhabe.«

Aus menschlicher Sicht ist es verständlich, dass wir solche Fragen stellen. Ich habe sie mir selbst sehr häufig gestellt. Wie oft habe ich mir selbst eingeredet: »Dass ich alleinerziehende Mutter bin, kann unmöglich das Beste für mich sein. Da muss einfach ein Fehler vorliegen.« Wie können wir dieses augenscheinliche Dilemma lösen? Zwei Wahrheiten haben mir dabei geholfen, inmitten dieser verwirrenden Fragen Orientierung zu finden.

Gottes Weisheit und Wege sind unendlich größer als die unsrigen

Die Bibel bezeugt diese Wahrheit unmissverständlich: Gott herrscht über alles.

Aber unser Gott ist im Himmel; er tut alles, was ihm wohlgefällt. (Ps 115,3)

[…] gegen welchen alle, die auf Erden wohnen, wie nichts zu rechnen sind; er verfährt mit dem Heer des Himmels und mit denen, die auf Erden wohnen, wie er will, und es gibt niemand, der seiner Hand wehren oder zu ihm sagen dürfte: Was machst du? (Dan 4,32)

Kein Mensch kann Gottes ewige Absichten zunichtemachen. Gott tut das, was ihm gefällt, und weder die sündigen Wege noch die Torheit des Menschen können dem Herrn entgegenwirken oder ihn besiegen.

Gleich Wasserbächen ist das Herz des Königs in der Hand des Herrn; er leitet es, wohin immer er will […] Es hilft keine Weisheit, kein Verstand und kein Rat gegen den Herrn. (Spr 21,1.30)

Manchmal scheint es so, als gelänge es dem Menschen, großen Schaden anzurichten, ohne dass Gott etwas dagegen unternimmt, doch das trifft nicht zu.

Eine Sache der Perspektive

Der Psalmist setzt sich in Psalm 73 mit diesem Dilemma auseinander. Er konnte nicht verstehen, warum Gott augenscheinlich zuließ, dass es den Gottlosen gut ging, während die Kinder Gottes gezüchtigt wurden und leiden mussten. Als er sich auf der Grundlage seines menschlichen Verstandes damit auseinandersetzte (Verse 1–16), wurde er frustriert und das Problem schmerzte ihn zu sehr, als dass er sich länger damit beschäftigen konnte. Erst als er sich auf Gott ausrichtete und damit aufhörte, Gottes Pläne ständig hinterfragen zu wollen, veränderte sich seine Perspektive.

Solange wir versuchen, die Puzzleteile unseres Lebens mit unserem eigenen Verstand zusammenzusetzen, werden wir uns weiterhin vergeblich abmühen und in Verzweiflung leben.

Vertraue auf den Herrn von ganzem Herzen und verlass dich nicht auf deinen Verstand. (Spr 3,5)

Sprüche 3,7 warnt uns, nicht weise in unseren eigenen Augen zu sein. Sprüche 28,26 sagt uns, dass jene, die ihrem eigenen Herzen vertrauen, Narren sind. Mit diesen eindringlichen Aussagen warnt uns Gott davor, herausfinden zu wollen, warum uns diese Schwierigkeiten zustoßen.

Unsere eigene Weisheit ist Torheit, aber Gottes Weisheit ist unendlich und vollkommen. Er hat das gesamte Bild vor Augen und einen vollkommenen Plan. Ich habe mir oft selbst gesagt, dass sich meine menschliche Torheit vor seiner unendlichen Weisheit in völliger Unterordnung verneigen muss.

Die zweite Wahrheit lautet wie folgt:

Es geht nicht nur um mich

In unserem Leben spielen sich stets zwei Geschichten gleichzeitig ab. Die erste nenne ich die »Mini-geschichte«. Es ist das eigentliche Problem. Schwierigkeiten, über die wir keine Kontrolle haben, werden Teil unserer Lebenserfahrung. Wir reagieren auf die Umstände, weil sie unseren Frieden und unsere Sicherheit stören und beeinträchtigen. Dann interpretieren wir die Umstände auf der Grundlage unserer Sicht von Gott. Somit kommen die Götzen unseres Herzens zum Vorschein – jene Dinge im Leben, die uns motivieren und Antrieb geben.

Die meisten von uns leben mit einer Mini-Geschichten-Mentalität. Wir suchen nach Abhilfe und wollen das Problem lösen. Wenn uns das nicht gelingt und wir mit Zorn, Bitterkeit, Frustration oder Sorge reagieren, zeigen wir damit den wahren Zustand unseres Herzens.

Die »große Geschichte«

Die zweite Geschichte ist die »große Geschichte«, Gottes übergeordneter Plan. Wie können wir diese Geschichte verstehen? Gottes Wort sagt uns, dass »Christus Jesus in die Welt gekommen ist, um Sünder zu retten« (1Tim 1,15).

Wir sind alle Sünder, die Gottes Zorn verdient haben. Wie sind wir in diesen Zustand hineingeraten? Um dies zu verstehen, müssen wir ganz zum Anfang, zurück in den Garten Eden.

Zurück zum Anfang

Die Bibel beginnt und endet mit Vollkommenheit. Als Gott die Welt schuf, war alles, was er geschaffen hatte, gut (1Mo 1,31). Der Mensch, der nach dem Bilde Gottes geschaffen war, genoss vollkommenen Frieden und innige Gemeinschaft mit seinem Schöpfer, doch Gott schuf Adam und Eva mit einem freien Willen.

Die betrügerische Schlange verführte Eva. Sie beschloss, Gott ungehorsam zu sein und ihr Mann folgte ihr in die Sünde.

Und Gott der Herr gebot dem Menschen und sprach: Von jedem Baum des Gartens darfst du nach Belieben essen; aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tag, da du davon isst, musst du gewisslich sterben! […] Und die Frau sah, dass von dem Baum gut zu essen wäre, und dass er eine Lust für die Augen und ein begehrenswerter Baum wäre, weil er weise macht; und sie nahm von seiner Frucht und aß, und sie gab davon auch ihrem Mann, der bei ihr war, und er aß. (1Mo 2,16–17; 3,6)

Diese Entscheidung stürzte die Welt in Sünde und in die verheerenden Konsequenzen, die darauf folgten.

Darum, gleichwie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, und so der Tod zu allen Menschen hingelangt ist, weil sie alle gesündigt haben […]. (Röm 5,12)

Leid, Trauer, Grausamkeit, Schmerz, Verwüstung, Zerstörung und Tod sind alles Folgen der Sünde. Die Entscheidungen von Adam und Eva haben zu weitreichenden Konsequenzen geführt.

Warum gibt es Tragödien?

Warum habe ich eine solche Tragödie in meinem eigenen Leben durchmachen müssen? Warum hat mein Mann moralisch versagt und sich dann das Leben genommen, sodass ich nun meine drei Kinder allein großziehen muss? Die Antwort ist: Sünde.

Wir leben in einer gefallenen Welt, in der sündige Menschen, du und ich eingeschlossen, sündige Entscheidungen treffen. Immer wenn Sünder solche Entscheidungen treffen, kommt es unweigerlich zu Leid, seelischen Schmerzen und Zerstörung.

An diesem Punkt beginnen wir, die »große Geschichte« zu verstehen. In seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit hätte uns Gott in unserer Sünde belassen können. Menschlich ausgedrückt hatte er jedes Recht dazu, Adam und Eva das Sprichwort vorzuhalten: »Ihr habt euch die Suppe eingebrockt. Jetzt müsst ihr sie auch auslöffeln.«

Dies hätte zur Folge gehabt, dass jeder Mensch, dem es bestimmt war, auf dieser Erde zu leben, ein Leben voller seelischer Qualen fristen und dann nach seinem Tod ewige Qualen erleiden müsste. Die Strafe für die Sünde ist der Tod, die ewige Trennung von Gott im Feuersee.

Denn der Lohn der Sünde ist der Tod. (Röm 6,23a)

Und der Tod und das Totenreich wurden in den Feuersee geworfen. Das ist der zweite Tod. (Offb 20,14)

Nicht hoffnungslos, sondern hoffnungsvoll

Die wunderbare Wahrheit ist jedoch, dass Gott uns nicht in Hoffnungslosigkeit zurückgelassen hat. Der lebendige Gott ist barmherzig und gnädig, voller Mitleid und Liebe gegenüber einer verlorenen und sterbenden Welt. Er hat dies dadurch bewiesen, dass er seinen Sohn gab, um am Kreuz zu sterben.

Denn so [sehr] hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengeht, sondern ewiges Leben hat. (Joh 3,16)
Gott aber beweist seine Liebe zu uns dadurch, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. (Röm 5,8)

Drei Tage nachdem Jesus am Kreuz gestorben war, ließ Gott seinen Sohn aus dem Grab auferstehen, um zu bewiesen, dass Sünder nun Zugang haben, um mit ihm versöhnt zu werden. Jesus Christus ist unser Erlöser, der kam, um zu suchen und zu erretten, was verloren ist. Dies ist die gute Nachricht, das wunderbare Evangelium von Christus, das Leben verändert. Er ist derjenige, der […] für unsere Sünden gestorben […] begraben worden […] auferstanden ist am dritten Tag, nach den Schriften. (1Kor 15,3–4)

Das Evangelium verändert alles

Ja – das Böse, seelische Qualen und Leid existieren auf dieser Welt, doch das Evangelium verändert alles. Es gibt nun eine große Hoffnung, denn Schmerz und Leid sind nicht zwecklos. Das Leid ist eine zeitweilige Angelegenheit für jene, die Buße tun (sich von ihrer Sünde ab- und Gott zuwenden) und dem Evangelium Glauben schenken (Mk 1,15).

Die Gläubigen werden wiedergeboren zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das im Himmel aufbewahrt wird für [sie] (1Pet 1,4). Deshalb können wir selbst inmitten des Leids große Freude erfahren.
Eine weitere Facette der »großen Geschichte« von Gottes Plan ist die Tatsache, dass er uns alle zu seiner Ehre erschaffen hat.

[…] einen jeden, der mit meinem Namen genannt ist und den ich zu meiner Ehre geschaffen habe, den ich gebildet und gemacht habe. (Jes 43,7)

Die Bibel ist nicht menschenzentriert, sondern gottzentriert

Der Gedanke, dass Gott uns so sehr geliebt hat, dass er seinen Sohn sandte, um für uns zu sterben, ist einfach umwerfend. Beim Evangelium geht es allerdings nicht um unsere Gesundheit, unseren Wohlstand und unser Glück. Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes (Ps 19,2) und wir, die wir nach seinem Bilde geschaffen sind, sollten seine Herrlichkeit durch jeden Aspekt unseres Lebens zur Schau tragen. König David sagte:

Dein, o Herr, ist die Majestät und die Gewalt und die Herrlichkeit und der Glanz und der Ruhm! Denn alles, was im Himmel und auf Erden ist, das ist dein. Dein, o Herr, ist das Reich, und du bist als Haupt über alles erhaben (1Chr 29,11).

Was ist der Sinn unseres Lebens?

Wir sollten durch unser Leben zum Ausdruck bringen, dass Gott allein groß, mächtig, siegreich und über alles erhaben ist. Er ist der Besitzer des Himmels und der Erde.

Häufig stellen wir die Frage: »Warum ich?« Vielleicht wäre es besser, wenn wir unsere Schwierigkeiten von einer anderen Seite her betrachten würden und stattdessen fragen würden: »Wer ist der Herr und was ist sein Plan?«

Diese neue Perspektive verlagert den Fokus von der Mini-Geschichte (unsere Probleme) hin zur großen Geschichte und hilft, mit dieser Geschichte und mit einer Mentalität zu leben, wo Gott im Mittelpunkt steht. Welche Reaktion erwartet Gott von mir, sodass andere den lebendigen Erlöser sehen können? Wie kann ich anderen helfen zu sehen, wie Gott erhöht und verherrlicht wird? Die Antwort ist einfach: Ich muss mich bewusst dazu entscheiden, Gott rückhaltlos zu vertrauen. Dies ist Glaube, der Gott ehrt und der sich in Schwierigkeiten bewährt.

Ja, ich bin jetzt alleinerziehende Mama. Ja, mein Mann hat sich das Leben genommen und meine Kinder wachsen ohne einen menschlichen Vater auf. Ja, mein Mann hat moralisch versagt. Ja, es tut überaus weh. Doch Gottes Absicht in alledem ist wunderbar. Wir sind kein Opfer des Zufalls, sondern Gottes auserwählte Gefäße, die dazu bestimmt sind, einer verlorenen und leidenden Welt seine Macht, Barmherzigkeit, Genugsamkeit, Gnade und Liebe zu zeigen. Das Ziel allen Leidens ist:

[…] damit die Bewährung eures Glaubens (der viel kostbarer ist als das vergängliche Gold, das doch durchs Feuer erprobt wird) Lob, Ehre und Herrlichkeit zur Folge habe bei der Offenbarung Jesu Christi (1Pet 1,7).

Ein täglicher Kampf

Bedeutet dies, dass es mir leichtfällt, alleinerziehende Mama zu sein? Auf gar keinem Fall! Jeder Tag ist ein neuer Kampf, der ausgefochten werden muss. Ich muss mich täglich neu dafür entscheiden, Gottes Wahrheit zu vertrauen und ihr zu gehorchen. Warum ist das so schwer? Weil zwei Kriege gleichzeitig geführt werden.

Der erste Krieg ist der Termin-Krieg. Anders ausgedrückt, die Lebensumstände (in meinem Fall ist das die Tatsache, dass ich alleinerziehende Mama bin) haben meine Lebensplanung und meine Termine durcheinandergebracht.

Der zweite Krieg ist der Ehre-Krieg. Wir sündigen Wesen sind durch und durch egoistisch veranlagt. Wir streben nach Ehre und nach Kontrolle über unser Leben. Und das kommt zweifelsohne einem Krieg gleich. Wir müssen die Welt, unser Fleisch und den Teufel bekämpfen, weil all diese es darauf abgesehen haben, dass wir nur für uns selbst leben und uns selbst verherrlichen.

Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist: »Wer wird durch diesen Umstand verherrlicht?« Die Antwort hängt von unserer persönlichen Verantwortung ab. Es ist unsere Entscheidung. Mose traf z. B. eine bewusste Entscheidung und weigerte sich, als Sohn der Tochter Pharaos betrachtet zu werden und verzichtete somit auf eine Stellung, die Prestige mit sich brachte. Er entschied sich bewusst dafür, mit Gottes Volk zu leiden, anstatt sündige Freuden zu genießen. Er hielt die Schmach des Christus für größeren Reichtum als die Schätze Ägyptens (Heb 11,24–26).

Warum entschied er sich so? Weil er eine langfristige Vision hatte (»er sah die Belohnung an«) und deshalb verließ er Ägypten. Er war in der Lage, all dies zu erdulden, »denn er hielt sich an den Unsichtbaren, als sähe er ihn« (Vers 27) – also mit den Augen des Glaubens.

Wie wirst du dich entscheiden?

 

Dieser Artikel ist aus dem Buch »Alleinerziehend – Mamasein nach der Tragödie«. Das komplette Buch von Carol Trahan findest du hier.

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