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Aus wie vielen Teilen besteht der Mensch? Eins, Zwei oder Drei?

Allgemein gesprochen wird der Mensch mit verschiedenen Begriffen bezeichnet: Leib, Seele, Geist, Herz und Gewissen. Aber aus wie vielen tatsächlichen Komponenten oder Elementen besteht eine Person? Aus einer? Zwei? Drei? Oder mehr als drei? Im Folgenden betrachten wir die Hauptauffassungen zur Konstitution des Menschen.
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Aus wie vielen Teilen besteht der Mensch?
Lesezeit: 6 Minuten

Drei Ansichten zur Konstitution des Menschen

Allgemein gesprochen wird der Mensch mit verschiedenen Begriffen bezeichnet: Leib, Seele, Geist, Herz und Gewissen. Aber aus wie vielen tatsächlichen Komponenten oder Elementen besteht eine Person? Aus einer? Zwei? Drei? Oder mehr als drei? Im Folgenden betrachten wir die Hauptauffassungen zur Konstitution des Menschen.

Monismus

Monismus ist die Auffassung, dass die menschliche Person aus einem einzigen Element besteht. Danach ist der Mensch ein einheitliches Selbst, nicht eine Kombination vieler einzelner Teile. Der säkulare Materialismus behauptet, Materie sei die einzige Substanz im Universum. Niemand habe eine Seele oder einen immateriellen Teil. Alle mentalen und geistlichen Aktivitäten seien chemische Produkte des Gehirns. Der Mensch sei ein Klumpen denkender Materie.

Beim physischen Tod gebe es keinen immateriellen Teil, der überlebt. Eine weniger häufig vertretene monistische Auffassung, der Idealismus, behauptet, alle Wirklichkeit bestehe nur aus Geist [mind] oder Ideen. George Berkeley (1685–1753) vertrat den Gedanken, Ideen oder Wahrnehmungen seien die einzigen existierenden Realitäten.

John A. T. Robinson behauptete in seinem Werk The Body: A Study in Pauline Theology (1952), es gebe keinen Unterschied zwischen Seele und Leib. Er machte geltend, die alten Hebräer hätten eine unitarische Sicht der menschlichen Person gehabt, und außerdem habe es bei ihnen kein dem griechischen sôma vergleichbares Wort für »Leib« gegeben. Die Unterscheidung zwischen Leib und Seele sei eine griechische Idee, die dem hebräischen und biblischen Denken fremd sei.

Bei dieser Sichtweise sind Leib und Seele keine kontrastierenden Wirklichkeiten; sie sind vielmehr wechselseitig austauschbare Synonyme. Das Gleiche wird auch von Begriffen wie »Fleisch« (Gr. sárx), »Seele« (Gr. psychḗ) und »Geist« (Gr. pneûma) behauptet. Diese alle seien Synonyme für die gesamte Person. Dieser Auffassung zufolge lehrt die Bibel also keinen Unterschied zwischen Leib und Seele.

Dichotomie

Dichotomie: »Zweiteilung«, »gabelartige Verzweigung« (von gr. dichotomía; Gr. dícha = »zweifach«, tómos = »einschneidend« von témnō = »schneiden«).

Dichotomie besagt, der Mensch sei ein zweiteiliges Wesen, das aus einem Leib bestehe und aus einem immateriellen Element, das entweder »Seele« oder »Geist« genannt wird. Kein wirklicher Unterschied bestehe zwischen diesen beiden Begriffen, die austauschbar seien. Die Dichotomie versteht also die menschliche Person als Kombination von Leib und Seele/Geist. Diese Ansicht unterscheidet sich vom materialistischen Monismus, da die Dichotomie bekräftigt, dass die Wirklichkeit und der Mensch aus mehr als lediglich Materie besteht; es existiert auch ein geistliches Element. Während einerseits eine Person einen physischen Leib besitzt, ist es andererseits die Seele/der Geist, was diesem Leib Lebensenergie gibt und den leiblichen Tod überlebt.

Christliche Dichotomisten verweisen auf 1. Mose 2,7, wo Gott bei der Erschaffung des Menschen den Menschen aus dem Erdboden (materiell) bildete und Leben in ihn hauchte (immateriell). Auch Jesus bestätigte in Matthäus 10,28 den Unterschied zwischen Leib und Seele: »Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen; fürchtet aber vielmehr den, der sowohl Seele als Leib zu verderben vermag in der Hölle.«

Außerdem sagt die Bibel, dass das immaterielle Element den physischen Tod überlebt. Die Seelen der als Märtyrer gestorbenen Heiligen erscheinen in Offenbarung 6,9–11 im Himmel. Der reiche Mann und Lazarus existieren laut Lukas 16,19–31 beide nach ihrem jeweiligen Tod weiter. Während er gesteinigt wurde, erwartete Stephanus, dass Jesus seinen Geist aufnehmen werde (Apg 7,59).

Trichotomie

Auch die Trichotomie besagt, dass der Mensch aus mehreren Elementen besteht, dass der Mensch aber ein dreiteiliges Wesen sei, das Leib, Seele und Geist umfasst. Der Begriff Trichotomie kommt von einer Kombination der griechischen Begriffe trícha, »dreifach«, und témnō, »schneiden«.

Das erste Element des Menschen ist demnach der Leib, die materielle Komponente einer Person. Die zweite Komponente ist die Seele, das psychologische Element des Menschen und der Teil, der die Interaktion mit den Mitmenschen und der natürlichen Welt ermöglicht. Die Seele ist die Grundlage für die Vernunft, das Gefühl, die Persönlichkeit und sozialen Umgang. Die dritte Komponente ist der Geist, der im Allgemeinen als das religiöse Element bezeichnet wird, das geistliche Dinge und Gott wahrnimmt und darauf reagiert. Von der Seele sagt man, dass sie im horizontalen Bereich interagiert, der mit der Erfahrung des Menschen mit anderen Menschen und der Natur in Beziehung steht. Der Geist hingegen interagiert in vertikalen Dingen wie der Erfahrung des Menschen mit Gott. Das Vorhandensein des Geistes, so wird behauptet, unterscheide die Menschen von Tieren.

Zwei Bibelstellen werden oft zur Begründung der Trichotomie verwendet. Zuerst sagt 1. Thessalonicher 5,23: »Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und euer ganzer Geist und Seele und Leib werde untadelig bewahrt bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus.« Hier werden alle drei Komponenten – »Geist«, »Seele« und »Leib« – nebeneinander genannt.

Auch Hebräer 4,12 erwähnt sowohl Seele als auch Geist: »Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist.«

Der Trichotomismus war bei den alexandrinischen Kirchenvätern populär, besonders bei Clemens von Alexandria (ca. 150 – ca. 215) und Origenes (ca. 184 – ca. 254). Diese Ansicht war bis zum 19. Jahrhundert in stetem Schwinden begriffen, als sie dann wieder neu auflebte.

Bewertung der drei Auffassungen

Der materialistische Monismus muss abgelehnt werden, da er die Existenz Gottes und aller geistlichen Realitäten leugnet. Auch der idealistische Monismus ist zu verwerfen. Die Wirklichkeit besteht nicht einfach ausschließlich aus Verstand oder Geist oder Ideen. Gott schuf ein physisches Universum mit materiellen Geschöpfen und nannte alles »sehr gut« (1Mo 1,31). Außerdem hat Gott unsere Sinne nicht geschaffen, um uns nur vorzugaukeln, wir stünden im Austausch mit einer materiellen Welt.

Christliche Formen des Monismus behaupten zu Recht, dass die menschliche Person ein einheitliches Selbst sei, aber sie können nicht die Verschiedenheit innerhalb dieser Einheit erkennen. Die Bibel macht einen Unterschied zwischen dem Leib und der Seele (Mt 10,28) und einem immateriellen Teil, der den leiblichen Tod überlebt (Offb 6,9–11). Paulus erwartete, dass der leibliche Tod ihn in Jesu Gegenwart bringen werde (Phil 1,23), und Jesus sagte, der bußfertige Übeltäter am Kreuz werde an jenem selben Tag mit ihm im Paradies sein (Lk 23,43). Die Realität dieses Zwischenzustands widerlegt den Monismus auch in seinen christlichen Varianten.

Sowohl Dichotomie als auch Trichotomie besagen zu Recht, dass der Mensch aus mehr als nur Materie besteht. Die strittige Frage ist, ob es einen grundlegenden Unterschied zwischen Seele und Geist gibt. Die biblischen Belege weisen darauf hin, dass dem nicht so ist. »Seele« und »Geist« werden in der Schrift austauschbar verwendet und beide Begriffe bezeichnen ähnliche Funktionen im Interagieren mit Gott, anderen Menschen und der Natur. Man kann also schwerlich argumentieren, sie seien unterschiedliche Komponenten einer Person. Manche Verse stellen sogar »Seele« und »Geist« parallel nebeneinander und zeigen damit, dass es bei beiden um das gleiche Konzept geht:

So will auch ich meinen Mund nicht zurückhalten,
will reden in der Bedrängnis meines Geistes [rûaḥ],
will klagen in der Bitterkeit meiner Seele [nepheš]. (Hi 7,11)

Mit meiner Seele [nepheš] verlangte ich nach dir in der Nacht;
ja, mit meinem Geist [rûaḥ] in meinem Innern suchte ich dich früh. (Jes 26,9)

Und Maria sprach:
»Meine Seele [psychḗ] erhebt den Herrn,
und mein Geist [pneûma] frohlockt in Gott, meinem Heiland.« (Lk 1,46–47)

Diese Texte zeigen, dass »Seele« und »Geist« in der Bibel austauschbar gebraucht werden und die gleichen Wirklichkeiten bezeichnen. In Jesaja 26,9 und Lukas 1,46–47 interagiert die Seele sogar mit Gott, was verdeutlicht, dass eine solche Aktivität nicht auf den Geist beschränkt ist.

Auch die beiden folgenden Beispiele zeigen, dass sich »Seele« und »Geist« auf die gleiche Sache bezieht. Zuerst drückt Jesus Bestürzung über sein kommendes Leiden aus:

Jetzt ist meine Seele [psychḗ] bestürzt, und was soll ich sagen? Vater, rette mich aus dieser Stunde! (Joh 12,27)

Als Jesus dies gesagt hatte, wurde er im Geist [pneûma] erschüttert. (Joh 13,21)

Zum Zweiten beschreiben zwei Bibelstellen Heilige im Himmel:

Und zu der Versammlung der Erstgeborenen, die in den Himmeln angeschrieben sind; und zu Gott, dem Richter aller; und zu den Geistern [pneûma] der vollendeten Gerechten. (Heb 12,23)

Und als es das fünfte Siegel öffnete, sah ich unter dem Altar die Seelen [psychḗ] derer, die geschlachtet worden waren um des Wortes Gottes … willen. (Offb 6,9)

Aber wie steht es mit 1. Thessalonicher 5,23 und Hebräer 4,12? Müssen diese Texte als Argumente für den Trichotomismus verstanden werden? Nein. Die Schrift beschreibt den immateriellen Teil der Person mit verschiedenen Begriffen, aber nicht jede Bezeichnung meint auch eine unterscheidbare Komponente.

Manchmal können Begriffe zum Zweck der Betonung aufeinandergeschichtet oder kombiniert werden. In Lukas 10,27 z. B. sagt Jesus, dass wir Gott mit ganzem »Herzen«, ganzer »Seele«, ganzer »Kraft« und ganzem »Verstand« lieben sollen. Er verwendet vier Begriffe und erwähnt dabei nicht einmal den »Geist«. Sollten wir also daraus schließen, dass die menschliche Person aus vier oder fünf oder noch mehr Teilen besteht? Nein, der immaterielle Teil einer Person kann »Seele«, »Geist«, »Herz« oder »Verstand« genannt werden, und doch können sich diese Bezeichnungen manchmal auf die gesamte Person beziehen. Dies sind also sich überlappende Konzepte und nicht unterscheidbare Komponenten. So hat also die Dichotomie die stärkste Begründung in der Schrift.

Gibt es aber vielleicht eine bessere Bezeichnung als Dichotomie?

Da die Schrift die Person als einheitliches und doch komplexes Ich darstellt, ist die Bezeichnung »komplexe Einheit« vorzuziehen. Das Materielle (Leib) und das Immaterielle (Seele/Geist) funktionieren zusammen in einer Person und beinhalten sowohl Einheit als auch Verschiedenheit. Diese komplexe Einheit ist bedingt, da in einer gefallenen Welt Leib und Geist durch den Tod getrennt werden (Jak 2,26). Doch ist diese Trennung zeitlich beschränkt, da auf alle Menschen die Auferstehung zukommt, eine Wiedervereinigung von Leib und Geist in ewiger Gestalt. Das Konzept komplexer Einheit hat auch Parallelen mit anderen Wirklichkeiten. So gibt es z. B. nur einen Gott, und doch ist Gott auch eine Mehrzahl. Gott ist Trinität – Vater, Sohn und Heiliger Geist. Auch Jesus ist eine Person, und doch ist er zugleich Gott und Mensch.

Die Auffassung vom Menschen als einer komplexen Einheit umschließt auch alle Aspekte der physischen und geistlichen Bedürfnisse einer Person: »Wenn ein Bruder oder eine Schwester nackt ist und der täglichen Nahrung entbehrt, jemand von euch spricht aber zu ihnen: ›Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch!‹, ihr gebt ihnen aber nicht das für den Leib Notwendige – was nützt es?« (Jak 2,15–16). Außerdem bringt Gottes Heil schlussendlich der ganzen Person Wiederherstellung. Der Heilige Geist bringt tote Sünder zur Wiedergeburt und macht sie geistlich lebendig für Gott (Tit 3,5), und doch wird Jesus auch ihre Leiber erlösen und verherrlichen (Röm 8,23; Phil 3,20–21).

 

Dieser Artikel ist ein Auszug aus „Biblische Lehre – Eine systematische Zusammenfassung biblischer Wahrheit“. (Kapitel VI – 3.6: Drei Ansichten zur Konstitution des Menschen)

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