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Auslegungspredigt statt Milchbrei

Tragischerweise bleibt das meiste dessen, was heute für biblische Predigt ausgegeben wird, weit hinter dem apostolischen Standard zurück. Viele Älteste scheinen sich damit zufrieden zu geben, geistliche Babies mit Milchbrei zu füttern anstatt den vollen Ratschluss Gottes zu lehren.
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Auslegungspredigt
Lesezeit: 6 Minuten

Die Evangelikalen bejahen zwar die Irrtumslosigkeit der Bibel, aber viele von ihnen haben anscheinend den Glauben an ihre Genugsamkeit verloren – dass sie zur Errettung und zur Heiligung hinlänglich ist.

Anstatt das Wort Gottes mit wachsendem Nachdruck auszulegen, wenden sich viele bei dem Versuch, schon abgestorbene Dienste wiederzubeleben, minderwertigen Strategien zu. Aber mit jeder neu hinzugefügten Strategie wird die kompromisslose Bibelauslegung weiter in die Zweitrangigkeit zurückgedrängt, und die Gemeinde leidet weiter Hunger. Diese Hungersnot, die über dem ganzen Volk liegt, offenbart den Verlust des Vertrauens darauf, dass das Wort Gottes sein heiliges Werk vollbringen kann und wird.

Die Urgemeinde erfuhr geistliche Lebenskraft – nicht aufgrund verspielter Techniken, sondern weil sie sich auf den Vorrang der biblischen Lehre konzentrierte. In dieser Hinsicht demonstriert Apostelgeschichte 2,42–47 die Rolle, die Gott der apostolischen Lehre zugewiesen hat.

Sie verharrten aber in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten. Über jede Seele aber kam Furcht, und es geschahen viele Wunder und Zeichen durch die Apostel. Alle aber, die glaubten, waren beisammen und hatten alles gemeinsam; und sie verkauften die Besitztümer und die Habe und verteilten sie an alle, je nachdem einer irgend Bedarf hatte. Und während sie täglich einmütig im Tempel verharrten und zu Hause das Brot brachen, nahmen sie Speise mit Frohlocken und Schlichtheit des Herzens, lobten Gott und hatten Gunst bei dem ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich hinzu, die gerettet werden sollten.
– Apostelgeschichte 2,42–47

Das Lehrvorbild der Apostel

Wenn die apostolische Lehre so vorrangig war, was genau vermittelte sie? Was war der Inhalt dieser Lehre?

Die Apostel erläuterten die reine Wahrheit der göttlichen Offenbarung und gründeten Neubekehrte fest auf die Lehren des christlichen Glaubens. Hinsichtlich ihres Lehrdienstes müssen dabei drei Dinge festgehalten werden: Er wurzelte im Alten Testament, konzentrierte sich auf Jesus Christus und im Mittelpunkt stand lehrende Unterweisung.

Verwurzelt im Alten Testament

Die Pfingstpredigt des Petrus zeigt, wie tief sich die Apostel in ihrer Lehre den Schriften des Alten Testaments verpflichtet fühlten (Apg 2,14–36). Angefüllt mit biblischen Zitaten war seine erste christliche Botschaft eine biblische Darlegung verschiedener alttestamentlicher Schlüsselstellen (Joel 2,28–32; Ps 16,8–11; 110,1). Auch später, als sich Petrus vor dem Sanhedrin verantworten musste, zitierte er aus dem Alten Testament (Apg 4,6–10; vgl. Ps 118,22; Jes 28,16).

Die Junggläubigen, die von den Aposteln gelehrt worden waren, griffen nun wiederum ihrerseits auf das Alte Testament zurück. Als zum Beispiel Petrus und Johannes vom Sanhedrin freigelassen wurden, kehrten sie zu den Gläubigen zurück und berichteten, was Gott getan hatte (Apg 4,23). Die Gläubigen reagierten auf diesen Bericht spontan damit, dass sie ihre Stimmen im Gebet zu Gott erhoben (4,24–31) und dabei mehrere alttestamentliche Textpassagen zitierten (2Mo 20,11; Ps 2,1–2; 146,6).

Stephanus, einer der ersten Jünger, die von den Aposteln gelehrt worden waren (Apg 6,3.5), wandte sich ebenfalls an den Sanhedrin (7,2–53) und zitierte umfassend aus dem Alten Testament. Die folgende Liste enthält nur einige der zahlreichen Zitate und Anspielungen auf das Alte Testament, die Stephanus in seiner Predigt machte.

Stephanus’ Botschaft Bezugsstelle im AT

  • Apg. 7,3 –> 1Mo 12,1
  • 7,5 –> 1Mo 12,7; 17,8
  • 7,6 –> 1Mo 15,13
  • 7,7 –> 2Mo 3,12
  • 7,18 –> 2Mo 1,8
  • 7,27–29 –> 2Mo 2,14–15
  • 7,30–34 –> 2Mo 3,1–10
  • 7,37 –> 5Mo 18,15.18
  • 7,40 –> 2Mo 32,1.23
  • 7,42–43 –>Am 5,25–27
  • 7,49–50 –> Jes 66,1–2

Als Jude aufgewachsen, kannte Stephanus das Alte Testament zweifellos gut, aber er war ganz sicher von den Aposteln unterwiesen worden. Als ein an Christus Glaubender erklärte er dem Sanhedrin, dass die alttestamentlichen Propheten »das Kommen des Gerechten zuvor verkündigt« hatten (Apg 7,52).

Philippus, ein weiterer Jünger, der offensichtlich von den Aposteln gelehrt worden war (6,3.5), erwies sich als überaus kompetent in der Handhabung des Alten Testaments. Als er beispielsweise von dem äthiopischen Kämmerer gebeten wurde, ihm Jesaja 53,7–8 zu erklären, trug Philippus ihm unverzüglich die richtige Auslegung vor (Apg 8,25–35). Dieser präzise Umgang mit der Heiligen Schrift belegt eindeutig die elementare Rolle, die das Alte Testament in der Lehre der Apostel einnahm. Es bildete die grundlegende Basis ihrer Lehre.

Untrennbar verbunden mit Jesus Christus

Hauptgegenstand der Lehre der Apostel waren die Worte und Werke Jesu Christi. Mehr als drei Jahre lang waren sie Augenzeugen seines vollkommenen Lebenswandels und eifrige Studenten seiner befruchtenden Lehre. Sie waren so eng mit ihm verbunden, dass andere feststellten, dass sie »mit Jesus gewesen« waren (4,13).

Verständlicherweise war ihre apostolische Lehrtätigkeit auf den Herrn hin ausgerichtet – auf sein Leben, seine Göttlichkeit, seine Reden, seine Gleichnisse, seine Verheißungen, seine Gespräche, seine Gebote, seine Schuldsprüche, seinen Tod, seine Auferstehung, seine Himmelfahrt und seine Inthronisation. Man stellt fest: »Die Worte und Werke Jesu […] bildeten den Hauptteil der apostolischen Botschaft.«

Die Pfingstpredigt des Petrus (2,14–36) war eine kurzgefasste, zusammenhängende Darstellung des Herrn Jesus Christus. Sie skizzierte in Umrissen sein Leben und seine Wundertaten (V. 22), seinen Tod (V. 23), seine Auferstehung (V. 24–32) und seine Erhöhung (V. 33–36). Im Obersaal hatte er den Aposteln versprochen, er werde ihnen den Heiligen Geist senden, der sie in die Lage versetzen würde, sich an alles zu erinnern, was er sie gelehrt hatte.

Er hatte ihnen versichert: »Der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe« (Joh 14,26). Nun hatte sich das Versprechen erfüllt und der Heilige Geist war gekommen und hatte sie befähigt, sich der vielen Worte Christi zu erinnern. Wenn die Apostel also nun lehrten, dann lehrten sie »in diesem Namen« (Apg 5,28), d. h., sie redeten »im Namen Jesu« (V. 40).

Die Lehre der Apostel konzentrierte sich eindeutig auf das Leben, den Dienst und die Lehre Jesu Christi.

Offenbart durch lehrende Unterweisung

Die Lehrtätigkeit der Apostel brachte auch Klarheit über viele der großen Themen des Alten Testaments. didache, das griechische Wort für »Lehre«, bezog sich auf den Inhalt ihrer Botschaft; auf den Kern der Wahrheit, der ihrer Lehre entsprang. didache steht dreißigmal im Neuen Testament, und meist bezieht es sich auf den festgelegten Lehrkodex, wie er von den Aposteln in der Gemeinde gelehrt wurde.

Hinsichtlich des irdischen Dienens Jesu verwies didache auf den Inhalt seiner Predigt und seiner Lehre (Mk 1,22.27; 11,18; 12,38), einschließlich seiner vielen Lehrreden wie etwa der Bergpredigt (Mt 7,28) sowie seiner Gesetzesauslegung (22,33). In der Apostelgeschichte schließt didache die apostolische Erläuterung der Worte Jesu ein.

Dieses Zeugnis der Apostel für Jesus Christus ist als »Lehre der Apostel« (Apg 4,42) bekannt geworden, als »die Lehre des Herrn« (13,12) oder »diese neue Lehre« (17,19).

Als die Kirche wuchs, nannte man die Lehre der Apostel »alle Worte des Lebens« (5,20) und »den ganzen Ratschluss Gottes« (20,27). Sie enthielt das Alte Testament, Leben und Lehren Jesu Christi und die reichhaltigen Lehren, die im Neuen Testament wiedergegeben werden. Everett Harrison nannte die Apostellehre ein »wohlüberlegtes Modell der Unterweisung für Neubekehrte.« Er fügte hinzu:

Sie enthält die Höhepunkte des Lebens und Wirkens Jesu – auch seine ethische Lehre, wie sie in der Bergpredigt enthalten ist – und außerdem eine klare Deutung des alttestamentlichen prophetischen Hintergrundes für seinen Dienst, die er den Elfen nach seiner Auferstehung gab. Sie enthält auch eine Übersicht der gegenseitigen Verflichtungen der Gläubigen – besonders in der Familie und gegenüber jenen, die außerhalb des Pferches stehen. Es wird auch vor möglicher Verfolgung gewarnt und vor dem Eindringen falscher Lehre in die Gemeinde […] Sie benötigten […] Verständnis für den epochalen Charakter dieses neuen Zeitalters, in das sie durch die Vollendung des Werkes Christi und durch die Ankunft des Heiligen Geistes eingetreten waren.

So umschloss die Lehre der Apostel viele Facetten der von Gott geoffenbarten Wahrheit:

Die historische Wahrheit (Jesu Leben und Werk), die ethische Wahrheit (praktische Anwendung), die prophetische Wahrheit (der alttestamentliche Hintergrund), die theologische Wahrheit (systematische Lehre), die familiäre Wahrheit (gegenseitige Verpflichtungen) und die eschatologische Wahrheit (das kommende Zeitalter).

Die Apostellehre war der auf den Herrn Jesus Christus konzentrierte Heilsplan Gottes. Die Tatsachen: 1. Er ist der Dreh- und Angelpunkt aller Ziele, die Gott auf der Erde hat. 2. Die Menschen können ihn kennenlernen und erfahren, wie sie für ihn leben können. 3. Sein Reich kommt. Weit entfernt davon, ein bloßer Grundkurs im Christentum zu sein, umschließt die Apostellehre die allumfassende Wahrheit des Alten Testaments, die bewusstseinserweiternden, lebensverändernden Worte Christi und die von den Aposteln bis ins Detail ausgearbeitete Lehre.

Milchbrei von der Kanzel

Tragischerweise bleibt das meiste dessen, was heute für biblische Predigt ausgegeben wird, weit hinter dem apostolischen Standard zurück. Viele Älteste scheinen sich damit zufrieden zu geben, geistliche Babies mit Milchbrei zu füttern anstatt den vollen Ratschluss Gottes zu lehren. Viele evangelische Gemeindehirten sind der Versuchung erlegen, eine weltlich klingende, anregende Seelenmassage abzuliefern. Eine Seelenmassage, die geeignet ist, die empfundenen Nöte ruheloser Kirchenkonsumenten zu beschwichtigen, oder – noch schlimmer – die schuldigen Gewissen nicht erretteter Gemeindeglieder zu beruhigen.

Anstatt die Tiefen des Wortes Gottes auszuloten, haben viele bibelgläubige Prediger den Weg des geringsten Widerstands erwählt. Sie geben sich damit zufrieden, die Oberfläche seichter Seelen anzukratzen und die Ohren träger, lustloser Zuhörer zu kitzeln. Die Folge davon ist, dass die Gemeinden verhungern – auch wenn viele der Hungernden es gar nicht bemerken –, weil sie geistlich mit ungesund süßer und völlig unangemessener Nahrung versorgt werden.

Wenn Menschen zum rettenden Glauben an Christus geführt worden sind und geistlich reifen sollen, dann müssen die Ältesten umfassende biblische Lehre predigen, die im Alten wie im Neuen Testament verwurzelt ist. Eine Lehre, die Christus im Zentrum hat und von lehrmäßiger Unterweisung erfüllt ist. Wo gibt es heute solche Kanzeln?

 

Aus »Hungersnot – Ein leidenschaftlicher Ruf nach Auslegungspredigt« von Steven J. Lawson.

 

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